Institut für Med. Mikrobiologie,
Justus-Liebig-Universität Gießen
Die Forschungsschwerpunkte des Institutes für Medizinische Mikrobiologie der Justus-Liebig-Universität liegen auf der Genomsequenzierung (Listeria monocytogenes, L. welshimeri, L. innocua, L. ivanovii), der funktionellen Genomanalyse von Wirt-Pathogen-Interaktionen und der Bioinformatik. Weitere Forschungsgebiete des Institutes sind komparative Genomik, Metagenomik, Infektionsbiologie, Nachweis und Identifizierung pathogener Bakterien und Antibiotika-Resistenzmechanismen mittels molekularer Techniken (PCR, Hybridisierung, FISH, DNA-Sequenzierung, Microarray-Technologie, TaqMan-Technologie) sowie epidemiologische Untersuchungen (RAPD, PFGE, MLST, Genpolymorphismen, Plasmid Profiling). Das Institut ist Mitglied des Deutschen Zentrums für Infektionsforschung (DZIF).
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Beschreibung der Projekte
Genom-basierte Epidemiologie von ESBL, AmpC oder Carbapenemase-produzierenden gram-negativen Bakterien aus humanen, Veterinär- und Umweltproben
Molekulare Typisierung resistenter Bakterien und Charakterisierung von Resistenzgenen (AP3)
Im letzten Jahrzehnt haben nosokomiale Infektionen mit Enterobakterien, die Beta-Lactamasen mit erweitertem Spektrum (ESBL) produzieren können, auch in Nordeuropa an Bedeutung gewonnen und bilden vor allem auf Intensivstationen und bei immunsupprimierten Patienten ein zunehmendes Problem. In Deutschland überwachen drei staatliche Einrichtungen die Ausbreitung dieser Mikroorganismen nach dem Gesundheitseinrichtungs-Neuordnungs-Gesetz vom 24. Juni 1994. Das Institut für Medizinische Mikrobiologie der Justus-Liebig-Universität Gießen koordiniert dieses Arbeitspaket, in dem gemeinsam mit diesen Einrichtungen, dem Bundesinstitut für Risikobewertung, dem Friedrich-Löffler-Institut und dem Robert-Koch-Institut die Häufigkeit des Auftretens und der genetische Verwandtschaftsgrad ESBL/AmpC/Carbapenemase-produzierender und Fluorchinolon-resistenter Enterobakterien untersucht werden.
Aufgrund der Tatsache, dass AmpC und Carbapenemasen in der Prävalenz steigen, werden in der zweiten Förderphase neue Stämme gesammelt werden, die AmpC und Carbapenemasen produzieren. Diese Stämme werden Basis-charakterisiert und dann von den anderen RESET-Partnern weiterbearbeitet werden.
Ein zweites Ziel ist die Etablierung der Ganz-Genom-Sequenzierung für die Erforschung der Epidemiologie von ESBL-Erregern.
Im Gegensatz zu den Methycillin resistenten Staphylococcus aureus (MRSA) können ESBL-Gene nicht nur klonal übertragen werden, sondern auch horizontal, da diese Beta-Laktamasen zum überwiegenden Teil auf konjugativen Plasmiden kodiert sind. Dadurch ist eine Übertragung der ESBL-Gene von einem Stamm auf den anderen sehr gut und effizient möglich. Diese Übertragung ist auch zwischen genetisch unterschiedlichen Bakterien möglich. Die Transmission von ESBL ist noch nicht eindeutig geklärt und aus den oben genannten Gründen weitaus schwieriger zu ermitteln als bei MRSA. Es gibt lediglich Hinweise darauf, dass es sich um einen zoonotischen Übertragungsweg handelt. Aus diesem Grunde wurden in der ersten Förderphase von RESET die möglichen Übertragungswege von ESBL in Deutschland untersucht. Es zeigte sich, dass weitaus mehr ESBL-Keime vorhanden sind, als erwartet. Um hieraus die Übertragungswege nachkonstruieren zu können, müssen vergleichende Studien von Vertretern aus den einzelnen „Stationen“ durchgeführt werden. Die hierbei klassisch verwendeten Methoden sind Puls-Feld-Gelelektrophorese (PFGE) und Multi-Locus Sequence Typing (MLST). PFGE und MLST als konventionelle molekulare epidemiologische Methoden geben allerdings weder die erforderliche Auflösung für sehr kurzzeitige Änderungen (auf Nukleotidebene) noch für die Analyse der Ausbreitung des Mobiloms (Plasmide, integrative und konjugative Elemente (ICEs), Insertionssequenzen, Transposons und Bakteriophagen) und die Interaktionen zwischen Mobilom und Wirts-Genom. Diese Merkmale sind wichtig, um die Ökologie und Verbreitung von ESBL kodierenden Enterobacteriaceae zu verstehen, da die ESBL-Gene klonal und horizontal übertragen werden können. Eine höhere Auflösung der Verwandtschaftsbeziehungen zwischen unterschiedlichen Bakterienstämmen und eine Aussage über das Mobilom ist mittels Ganz-Genom-Sequenzierung der nächsten Generation (Next-Generation Sequencing, NGS) möglich. Durch den Fortschritt der DNA-Sequenziertechniken ist es heutzutage erreichbar, schnell und kostengünstig vollständige Genome zu sequenzieren. Aus diesem Grunde revolutioniert diese Technik zurzeit die Bakterielle Taxonomie und Epidemiologie. Die Ganz-Genomsequenzierung erlaubt dabei nicht nur Angaben über den MLST-Typ eines Bakteriums, was aufgrund der untersuchten Gene eine Veränderung der Bakterien über längere Zeit hinweg darstellt, sondern erlaubt zudem sowohl die Analyse von Einzelnukleotid-Austauschen (single polynucleotide polymorphism – SNP-Analyse) als auch die Analyse von mobilen Elementen. Man kann aber auch – ohne auf konventionelle Techniken wie Resistenzgenbestimmung über PCR zurückgreifen zu müssen - eine Aussage über das Resistom machen und dadurch einen Beitrag zu diagnostischen Ansätzen leisten.
SNP-Analysen werden mit einer Auswahl an Stämmen durchgeführt, um die genetische Verwandtschaft zwischen den ESBL produzierenden Stämmen aus verschiedenen Quellen in Deutschland zu analysieren. Weiterhin wird eine Analyse der ICEs, Insertionssequenzen und Transposons der sequenzierten Bakterien durchgeführt werden. Eine solche Analyse ergibt Informationen über die Verwandtschaft von Stämmen über einen längeren Zeitraum hinweg, als es die SNP-Analyse erlaubt.
Von besonderem Interesse ist die Analyse der Plasmide. Sie sind die Hauptursache für die Verbreitung von Resistenzgenen in Bakterien, besonders von ESBL kodierenden. Durch den Vergleich der Plasmid-Sequenzen möchten wir ermitteln, ob ein Zusammenhang zwischen der Sequenz des Plasmides, deren Transferabilität und Virulenz und der Sequenz des Chromosoms vorhanden ist. Weiterhin wird ein neuartiges Plasmid-Klassifizierungssystem entwickelt werden. Bis heute sind die Klassifizierungsmethoden für Plasmide (Plasmid-MLST) sehr begrenzt. Nur wenige Inkompatibilitäts-Typen können unterklassifiziert werden. Um diese Klassifizierungsmethode erstellen zu können, wird es nötig sein, mehr Daten von relevanten Plasmidsequenzen aus unterschiedlichen Spezies und Quellen zu erhalten. Dies ist mit der unerwartet hohen Variabilität der in RESET I sequenzierten Plasmide zu erklären. Die neuartige Klassifizierungsmethode soll helfen, den Transmissionsweg von ESBL kodierenden Enterobacteriaceae nachzuvollziehen.
Das an der Justus-Liebig-Universität durchgeführte Teilprojekt IP 9 des Arbeitspaketes 3 verfolgt daher folgende Ziele:
Molekulare Charakterisierung von multiresistenten, ESBL-produzierenden Stämmen aus humanen und tierischen Isolaten durch
- Isolierung, Basis-Charakterisierung von AmpC/Carbapenemase produzierenden Enterobacteriaceae
- Verwendung der Ganz-Genom-Sequenzierung für die Charakterisierung von AmpC, Carbapenemase und ESBL produzierenden Enterobacteriaceae
- Ermittlung des genetischen Verwandtschaftsgrades zwischen den sequenzierten Stämmen
- Vergleich der Daten aus der Ganz-Genom-Sequenzierung mit den MLST-Charakterisierungen der ESBL, AmpC, PQMC oder Carbapenemase produzierenden Bakterien
- Verwendung der durch Ganz-Genom-Sequenzierung gewonnenen Daten für epidemiologische Fragestellungen
- Klassifizierung von Plasmiden
- Erstellen einer neuen, sequenzbasierten Klassifizierung für Plasmide
- Ermittlung der Korrelation von verschiedenen Plasmid-Sequenz-Typen mit verschiedenen ESBL Resistenzgenen.